Mit Terra Preta in die Höhe gärtnern

Eine Wundererde steigert den Ertrag und mindert die Erderwärmung

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Hochbeete haben enorme Vorteile: Weil Sonne und Luft das Beet auch von den Seiten erwärmen, kann früher mit der Aussaat begonnen und länger geerntet werden. Die Erträge sind auf einem Hochbeet oft doppelt so groß wie bei einem normalen Gartenbeet, was am tiefgründigen, nährstoffreichen Boden liegt. Weder Staunässe noch verdichtetes Erdreich behindern das Wachstum, das Arbeiten in Hüfthöhe ist bequem und erspart einen krummen Rücken.

Gute Gründe also für ein Hochbeet. Und dann kommt noch Terra Preta dazu. Das ist eine Wundererde, die Pflanzen schneller wachsen lässt, die Erträge nochmals deutlich steigert und die Erderwärmung mindert. Denn Terra-Preta-Erde bindet Kohlendioxid stärker als andere Böden.

Der Begriff „Terra Preta“ stammt aus dem Portugiesischen, übersetzt heißt er „schwarze Erde“, ein im Amazonasbecken gefundenes Boden- Phänomen, das aus einer Mischung von Holzkohle, Stroh, Viehmist und Kompost besteht. Eine Errungenschaft der Inkas: In den 1990er-Jahren untersuchten Forscher die bis zu 7.000 Jahre alten und etwa zwei Meter dicken Schwarzerde-Schichten. In Brasilien wuchsen auf Terra-Preta-Versuchsböden Bananenstauden bis zu fünf Meter pro Jahr, in Rheinland-Pfalz wurden Rote-Bete-Köpfe so groß wie Handbälle.

Entscheidend ist die Holzkohle: Offenbar schmissen die Indios ihre Siedlungsabfälle genauso auf den Kompost wie ihre Exkremente und die Rückstände ihrer Feuer. Die poröse Holzkohle sorgte für bessere Organik, besseres Bodenleben; sie bot Mikroorganismen viel Platz, effektiv Kohlen- und Nährstoff in die Erde einzuweben. Die Inkas kultivierten das, sie sammelten die Terra Preta in Tonkrügen, weshalb sich bei den Ausgrabungen in den Bodenschichten auch Tonscherben fanden. Leider ging das Wissen um die Produktivität dieser Erde mit der Ausrottung der Ureinwohner durch die Spanier verloren.

Im Jahr 2005 wurde die Herstellung experimentell wiederentdeckt. Der Aufwand ist gering, besonders, wenn ein Hochbeet dafür benutzt wird: Vier Pfosten werden mit Brettern so verschalt, dass ein rechteckiger Rahmen entsteht, der bis zur Hüfte reicht.

Im Frühjahr steht das Verschneiden der Hecken und Obstbäume an, die Äste kommen quasi als Grund in den Hochbeet-Rahmen. Dann wird eine Ladung Holzkohle darauf gestreut. Wer in besonders trockenen Regionen Deutschlands wohnt, kann einige Gefäße auf dem Grund des künftigen Hochbeetes verteilen, die als Wasserspeicher für jene Zeit dienen, in der dem Beet die Aufmerksamkeit fehlt.

Für die Klimabilanz ist es wichtig, dass es sich um einheimische Holzkohle handelt mit dem Siegel des Bio-Verbands. Wenn im Mai zum ersten Mal der Rasen gemäht werden muss: Auf das Geäst/Holzkohlegemisch im Hochbeet drauf geben! Auch gejätetes Unkraut und Küchenabfälle sind unerlässlich: Es kommt darauf an, den Kompost so divers wie möglich anzuhäufeln.

Jetzt Pferdeäpfel, Kuhdung oder Mist aus dem Stall drauf geben. Wer keinen Zugang zu derartiger Substanz besitzt, kann auch den eigenen Urin verwenden: Gärtner*innen kennen keine Abfälle, alles nutzt der neuen Saat.

Über die Schicht wieder Holzkohle streuen, hilfreich kann auch der Rest vom Lagerfeuer oder – wer hat – der Kaltbrand aus dem Ofen sein. Als optimal gilt ein Mischungsverhältnis von 20 Prozent Holzkohle zu 80 Prozent Biomasse – Gartenabfälle, Küchenreste, Kompost, Astverschnitt oder Stallexkremente.

Normalerweise füllt sich das Hochbeet gen Herbst zu zwei Dritteln mit der beschriebenen Mischung (immer wieder Holzkohle-Schichten einfügen), jetzt ist die Grundlage für den Wachstums-/Blühweltmeister gelegt: Die Holzkohle führt dazu, dass im „hochgelegten“ Kompost ein intensives Werk der Mikroorganismen für Stoffumwandlung und Temperatur sorgt. Durch den Abbauprozess wird Energie freigesetzt, bis zu 50 Grad kann der Unterbau des Hochbeets warm werden – und damit die künftige Saat befeuern.

Leider kann ein solches Terra-Preta-Hochbeet erst im zweiten Jahr bepflanzt werden: Der Unterbau ist notwendig, um die Produktivität zu erzielen. Auf den „Komposthaufen im Rechteck“ kommt jetzt noch eine Schicht Gartenerde und die Saat. Wenn dann Juni 2020 wird, staunen Sie das erste Mal!

Nick Reimer

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